Geschichte

Der Musikverein, so heißt es, ist der älteste Verein in Wehingen. Da lohnt es sich schon einmal einen Blick zurück ins letzte Jahrhundert zu werfen. Dabei kann eigentlich von einem Verein zunächst einmal nicht die Rede sein. Volksmusik, das steht zweifelsfrei fest, wurde schon anfangs des letzten Jahrhunderts betrieben.

Dies ist u.a. dadurch nachzuweisen, dass im Familienregister, sowie im Grundbuch von Wehingen folgende Personen als Musiker bezeichnet sind:

Josef Albrecht geb. 1800 gest. 1870
Anton Angst geb. 1808 gest. 1876
Alois Bauser geb. 1828 gest. 1877
Franz-Xaver Maier geb. 1852 gest. 1878
Johann Mayer geb. 1827 gest. 1877
Josef Mayer geb. 1844 gest. 1887
Wendelin Mayer geb. 1802 gest. 1877

Neben den Familiennamen Angst, der untrennbar mit der Geschichte des Musikvereins verbunden ist, scheint das Geschlecht der Mayer auch eine besondere musikalische Gabe entwickelt zu haben. So hören wir auch heute noch von den Gebrüder Mayer, die in den Sommermonaten oftmals in Wehingen und Umgebung, aber auch im Oberland musizierten und außer Blasinstrumenten auch Streich- und Zupfinstrumente beherrschten. Bei den Gebrüder Mayer handelt es sich um den Urgroßvater von unserem ehemaligen Bassisten Hans Maier, Josef Mayer, geb. am 02.06.1844 und seinem Bruder Franz-Xaver Mayer geb. 26.08.1852. Diese beiden stammen aus der Ehe des Franz-Xaver Mayer und der Clara geb. Häring.

Aus dieser Zeit stammt wohl auch der Begriff "Brotesgeiger", der zum Ausdruck bringt, dass die Musikanten der ehemaligen Zeit in den Wintermonaten, wo es keine Arbeit gab, durch ihre Musik ihren Frauen einen Braten mit nach Hause brachten, und es somit etwas zu essen gab. Aufschriebe wurden damals noch keine gemacht und ein Nachweis, wann und wo die Musikanten gespielt haben, ist nicht ganz einfach. Der "Heuberger Bote" aus dieser Zeit enthüllt aber die Aktivitäten der Gebrüder Mayer, bzw. der, wie man sie damals nannte, Wehinger Blechmusik. Ein erstes Dokument finden wir im Jahr 1862. Die Wehinger Blechmusik spielte damals bei Bärenwirtin Weber in Gosheim und in der "Krone" in Deilingen.

Anzeige von 1862
Anzeige von 1862

Im Jahre 1866 inserierte das Gasthaus zur "Sonne" im "Heuberger Boten" und lud am Fasnachts-Sonntag zu einer Tanzunterhaltung ein. Dazu musste der Sonnenwirt bei der Gemeinde jeweils eine Genehmigung einholen. Bei diesen Tanzveranstaltungen wirkte auch die Wehingen Blechmusik mit.

Anton Angst, Urgroßvater unseres Heimatkomponisten und Solisten Adolf Angst, leitete in dieser Zeit eine etwa 10 Mann starke Kapelle. Ihm folgte dann später sein Sohn Benedikt Angst. Anzeigen aus dem Jahr 1876 weisen auf musikalische Aktivitäten der "Wehingen Musikgesellschaft" hin, die am Neujahrsfest im "Ochsen" in Frittlingen aufspielte. Am 19 März gaben sich die Gebrüder Mayer bei Bärenwirt Grimm in Bubsheim die Ehre und am 24. Juni 1876, dem Fest Peter und Paul, trat die Wehinger Musik im "Stern" in Böttingen auf.

Anzeige von 1876
Anzeige von 1876
Ein erstes, großes Konzert gab die Wehinger Musikgesellschaft am Dreikönigstag 1879 in der "Sonne" in Spaichingen-Hofen. Gleich zweimal, nämlich nachmittags um 3 Uhr und abends um 6 Uhr, spielte die Musikgesellschaft ein Umfangreiches und nicht minder anspruchsvolles Musikprogramm.

Am 8. Januar meldete dann der "Heuberger Bote": "Gestern Nachmittag und abends erfreute uns die Wehingen Blechmusik mit dem bereits angekündigten Doppel-Conzert. Die Spieler verstanden es, insbesondere die Potpourries, das sehr zahlreiche Publikum zu begeistern und in die schönen Melodien hineinzureißen. Jedermann wird dem strebsamen Verein für seine trefflichen Leistungen Dank wissen."

Anzeige von 1879

Die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts waren geprägt von den militärischen Auseinandersetzungen mit dem "Erzfeind" Frankreich. Der Militärverein Wehingen beging u.a. im Jahre 1880 eine Gedenkfeier, bei der die Musik "Ich hat' einen Kameraden" spielte.

In einer Meldung vom 27.12.1885 ist folgendes zu lesen: "Gestern Abend hielt der hiesige Gesangverein im Gasthaus zur "Sonne" hier seine Christbaumfeier, verbunden mit Theater, Gesang und Gabenverlosung. Zur Aufführung kam das schöne Stück "Ave Maria" unter der Leitung des Herrn Lehrer Dannecker. Dasselbe wurde von sämtlichen Mitgliedern mit aller Pünktlichkeit aufgeführt und durch die Hilfe der hiesigen Musik verschönert, so dass ein jeder Zuhörer wohlbefriedigt den Saal verlassen konnte."

Es war Königin Olga, die sich nach dem Krieg der verwundeten und kranken Krieger annahm. Auch die Armen des Heubergs durften durch sie Hilfe erfahren. Von einer Feier am 10. September 1888 berichtete der "Heuberger Bote" folgendes: "Das Geburtstagsfest der Königin wurde gestern hier mit feierlichem Gottesdienst begleitet. Abends war Bankett im Gasthaus zur "Sonne", welches die hiesige, wohlgeschulte Musik mit der Königshymne eröffnete. Böllersalven verkündete unseren Nachbargemeinden, das auch hier ächt patriotisches Gefühl für das Fürstenhaus herrscht. Ein von Herrn Verwaltungsaktuar Neßler ausgebrachter Trost auf die geliebte Landesmutter, aus deren Kabinettskasse jedes Jahr hunderte von Mark für die Armen auf dem Heuberg verteilt wurden, fand allgemein Beifall."

Am 7. Januar 1892 unterstützten die Wehinger Musikanten auch den Turnverein: "Der hiesige, erst vor kurzem ins Leben gerufene Turnverein feierte gestern Abend (Dreikönigsfest) im Gasthaus zur "Sonne" seine erste Christbaumfeier, verbunden mit theatralischen Aufführungen und Gabenverlosung.
Den Bemühungen des jugendlichen Vereins ist es gelungen, dank der Mitwirkung guter Singstimmen und der Musik, die zwei Aufführungen, nämlich die "Geburt Christi" und die "Prozeßlustigen" in so natürlicher Weise vorzutragen, dass sämtlichen Mitwirkenden die verdiente Anerkennung zuteil wurde."

Aus einer Meldung von 04.02.1892 geht hervor, dass die Musikgesellschaft auch beim Militärverein ein gern gesehener Gast war:

"Die Versammlung fand im Gasthaus zur "Traube" in Reichenbach statt, deren Saal kurz nach dem Beginn dicht besetzt war und begrüßte Kamerad Kuolt von Reichenbach in einer schwungvollen Ansprache aller Anwesenden herzlichst.
Weitere Reden folgten und zeugten alle von Mut und Ächter deutscher Soldatentreue.
Auch der unterhaltsame Teil verdient volles Lob und möchte ich hier besonders erwähnen die hübsch vorgetragenen Lieder der Vereine Reichenbach und Nusplingen, sowie die zu Gehör gebrachten schönen Piecen der Musikgesellschaft von Wehingen........"

Nicht nur um die Musik muss es den Wehingen Musikanten gegangen sein. Sie stand freilich im Vordergrund, aber der Humor hat zu der damaligen Zeit sicher auch eine wichtige Rolle gespielt. Diese Vermutung wird durch eine Anzeige aus dem Jahr 1894 bestärkt.

Anzeige von 1894

Was mag da nicht alles vorgetragen worden sein. Wenn man darüber nur mehr in Erfahrung bringen könnte.....